Der ewige Kerker by Leo Lukas

Der ewige Kerker by Leo Lukas

Autor:Leo Lukas [Lukas, Leo ]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Negasphäre, Perry Rhodan, Science Fiction
Herausgeber: Pabel-Moewig Verlag GmbH
veröffentlicht: 2009-03-13T01:00:00+00:00


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„Steh bereit", befahl sie dem Robo-Saurier, „um den Eiszapfen aufzufangen, sobald ich ihn durchgeschweißt habe."

Es dauerte nervtötend lang. Die Leistungsfähigkeit des im Armband eingebauten Thermostrahlers war gering.

Der Nebeldunst, der die Duschkabine mehr und mehr verschleierte, erleichterte das Unternehmen auch nicht gerade.

„Achtung!", schrie sie, als der Stalaktit zu schwanken anfing, sich mit einem schmatzenden Geräusch löste, abstürzte – und W107 in den Armschwanz fiel.

Mühsam wahrte der Roboter sein Gleichgewicht, während er die kalte Beute zur Zimmermitte schleppte, wendete und in der Aussparung unter dem Funkenfall absetzte.

Sie schraubte den Zwerg von seinem Sockel. Nahtlos klammerten die gefalteten Beine um die Spitze des nunmehrigen Stalagmiten.

Im Prisma, das die vier Arme hochreckten, brach sich der Sternenregen.

Strahlen traten hervor, warfen Lichtflecken nach allen Richtungen. Jedoch ließen sich die Symbole, die sie projizieren mochten, nicht ausreichend wahrnehmen.

Es war zu hell im Zimmer. Und ein Lichtschalter war ihr bei all ihren Nachforschungen nicht untergekommen. Auch die Funkfunktionen des Armbands versagten.

Sie zügelte ihre Ungeduld, überlegte systematisch. Las nach auf dem Sockel.

Die Prophezeiungen dreier der Würfelseiten waren mittlerweile eingetreten.

Was stand in die vierte graviert?

Beschleunigte Zeit gebiert Finsternis.

Das musste es sein. Eine Maschine, die Zeit zu beschleunigen, hatte sie nicht in ihrem Besitz; wohl aber ein archaisches Messgerät.

Sie hob die Sanduhr hoch, wog sie in den Händen, holte aus und schleuderte sie mit aller Kraft gegen die Wand mit dem kitschigen Gemälde. Ging in die Knie, geblendet von der Explosion.

Wälzte sich zum Diwan, barg ihr Gesicht wimmernd in den Kissen. Wartete, bis das ultraviolette Gleißen, das den gesamten Raum wie auch ihre Lider durchdrang, an Intensität nachließ.

Danach war Dämmerlicht. Erst glaubte sie, ihre Sehorgane hätten Schaden genommen. Allmählich begriff sie, dass sich die Beleuchtung reduziert hatte.

Rings um sie warfen die Strahlen, die das Prisma aussandte, Symbole an die Wände. Unterschiedlich hoch oben, unterschiedlich flächig ... doch eindeutig Noten.

Wie von selbst griffen ihre Finger in die Saiten der monströsen Harfe. Als wüssten sie, was gefordert war, spielten sie, inbrünstig, flink. Nachdrücklich manifestierte sich Ton für Ton, Schwingung für Schwingung. Die Finger zupften, rissen die Saiten an, dämpften sie wieder, um Flagolett-Obertöne zu erzeugen. Vibrationen überschwemmten die Zelle, überwältigten sie, brachen sie auf.

Der Stalagmit schmolz. Wo die Pfütze entstand, verpufften die Fliesen ins Bodenlose, eine enge Wendeltreppe freigebend.

Sie zögerte lange. Kaum mochte sie glauben, dass ihr nach all den Anstrengungen die Freiheit winkte.

Schließlich setzte sie den linken Fuß auf die oberste Stufe. Und den rechten auf die zweite ... Sie stolperte mehr nach unten, als sie ging. War es vollbracht?

Je weiter sie kam, desto breiter wurden die Stufen, desto aufwendiger die Schnitzwerke des Geländers. Die Prunktreppe mündete in ein Portal, bekränzt von geflügelten Figuren. Es stand offen.

Die Gefangene trat hindurch. Applaus brandete ihr entgegen.



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